Die Angeklagte fühlte sich durch ein Detail eines in der Universitätsbibliothek ausgestellten Kunstwerks in ihren religiösen Gefühlen verletzt. Auf ihre Beschwerde hin bot ein Universitätsmitarbeiter an, das Bild entsprechend zu überdecken. Dies reicht der Angeklagten aber nicht, vielmehr schnitt sie das beanstandete Detail aus dem Bild heraus.
Das Amtsgericht verurteilte sie wegen Sachbeschädigung (§ 304 StGB) zu einer Geldstrafe, das Landgericht bestätigte das Urteil in der Berufung. Auch das Oberlandesgericht Hamm sah die Sache so wie die Vorinstanzen und verwarf die Revision.
Das Urteil ist im Ergebnis sicher richtig. Eine Sachbeschädigung bleibt eine Sachbeschädigung, ein Angriff auf die Rechtsgüter der Angeklagten, der sie zur Notwehr berechtigen würde, lag wohl nicht vor. Problematisch ist jedoch die Möglichkeit einer Rechtfertigung oder Entschuldigung des Täters aufgrund seiner „Glaubens- und Gewissensentscheidung“. Zwar hat das Gericht dies nicht näher ausgeführt, da die Angeklagte hierauf nicht angewiesen war, weil der Universitätsmitarbeiter selbst für Abhilfe sorgen wollte.
Insofern klingt durchaus an, dass man Rechte anderer verletzen darf, wenn man sich in seinen religiösen Gefühlen beeinträchtigt sieht. Dies würde zum einen bedeuten, dass die objektive Rechtsordnung sich Vorstellungen einzelner unterordnen muss – jeder könnte sich aussuchen, welche Gesetze er als für sich selbst bindend anerkennt und welche seinen Glaubenssätzen widersprechen. Andererseits müsste jeder Bürger jederzeit auf die Gefühle aller anderen Rücksicht nehmen und sicherheitshalber alles unterlassen, was irgendjemanden stören könnte. Es kann nicht sein, dass persönliches Betroffen- und Beleidigtsein sowie individuelle Glaubens- und Wertvorstellungen die Rechte der Menschen noch weiter einschränken. Es ist jedem zuzumuten, dass er Dinge sieht und hört, die ihm zuwider sind. Niemand hat einen Anspruch darauf, dass er von missliebigen Äußerungen anderer verschont bleibt.
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