Der Kesselberg zwischen dem Kochel- und dem Walchensee im oberbayerischen Alpenland gilt als Unfallschwerpunkt. Von manchen Motorradfahrern wird er auch als „Rennstrecke“ genutzt. Um dies zu unterbinden, erließ das Polizeipräsidium Oberbayern eine Grundsatzanweisung: Wer einmal mehr als 40 km/h oder zweimal innerhalb eines Jahres mehr als 25 km/h zu schnell ist, dessen Motorrad sollte noch vor Ort beschlagnahmt und erst am nächsten Werktag – gegen Begleichung von fast 300 Euro Kosten – wieder herausgegeben werden.
Einem der darunter fallenden Fahrer war dies nicht gar so recht, sodass er klageweise dagegen vorging. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschied in der Berufungsinstanz:
1. Eine Klage gegen die Sicherstellung ist auch dann zulässig, wenn das Motorrad längst wieder seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wurde. Denn die Entziehung ist eine diskriminierende Maßnahme, gegen die der Kläger ein Rehabilitierungsinteresse hat. Daher ist eine sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig.
2. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes erlaubt nicht die Sicherstellung zu repressiven (bestrafenden), sondern nur zu präventiven (gefahrvorbeugenden) Zwecken. Diese setzen aber voraus, dass eine konkrete Gefahr entsteht, wenn das Motorrad nicht sichergestellt wird.
3. Aber eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Störung der öffentlichen Sicherheit durch den betroffenen Fahrer in der nächsten Zeit war nicht erkennbar. Denn dieser Fahrer war weder in der Vergangenheit als „Raser“ besonders auffällig, hat sich einigermaßen einsichtig gezeigt und gehörte nicht zur „Rennszene am Kesselberg“.
4. Greift die Möglichkeit der Sicherstellung nach dem Polizeirecht nicht, bleibt es bei den Vorschriften des Ordnungswidrigkeiten-, Straf- und Straßenverkehrsrechts. Diese sehen Bußgelder, Geld- und ggf. Freiheitsstrafen, Einziehung von Fahrzeugen, Punkte im Flensburger Verkehrsregister, Fahrverbote und die Entziehung der Fahrerlaubnis vor.