Als ein Gebäude eines Großhandelsbetriebs in Baden-Baden brannte, kam die Feuerwehr und hat gelöscht. Das war gut. Dabei hat sie Speziallöschschaum eingesetzt, der giftig war. Das war nicht ganz so gut. Vor allem, weil sich später herausstellte, dass dieser giftige Löschschaum für diesen Brandfall gar nicht notwendig gewesen wäre.
Die Chemikalien kontaminierten das Erdreich und das Grundwasser unter dem Grundstück. Die zuständige Umweltbehörde erließ daher eine Anordnung an den Großhändler, sein Grundstück sanieren zu lassen. Hierfür fielen ganz erhebliche Kosten an, die der Eigentümer nun von der Stadt als dem Träger der Feuerwehr ersetzt verlangte.
Dabei handelt es sich um einen Fall der sogenannten Staatshaftung. Gemäß § 839 BGB und Art. 34 des Grundgesetzes ist der Staat zum Ersatz für alle Schäden verpflichtet, die ein Staatsdiener in Ausführung seiner Tätigkeit gegenüber dem Bürger verursacht. Die Ersatzpflicht tritt bei jedem Verschulden ein, also bei leichter Fahrlässigkeit, grober Fahrlässigkeit und Vorsatz.
Daneben besteht aber noch das sogenannte Nothelferprivileg. § 680 BGB besagt:
Bezweckt die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
Leichte Fahrlässigkeit ist hier nicht erwähnt, die Haftung dafür soll also gerade ausgeschlossen sein.
Diese Vorschrift findet sich, wie man an der Wortwahl „Geschäftsführung“, „Geschäftsherr“ u.ä. sieht, im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag. Sie behandelt Fälle, in denen jemand eine Aufgabe für einen Dritten übernimmt. Hätte also der Nachbar den Brand bemerkt und gelöscht, hätte er sich auf diesen Paragraphen berufen können.
Die Frage, die dem Bundesgerichtshof vorgelegt wurde, war nun, wie das Verhältnis zwischen den hier in Rede stehenden Vorschriften ist. Anders gesagt: Kann sich der Staat im Rahmen der Staatshaftung auf das Nothelferprivileg berufen?
Aus Sicht der BGH-Richter dient das Nothelferprivileg nur dazu, freiwillige Helfer zu entlasten, die sozusagen guten Willens sind, dabei aber einen Fehler machen. Für diesen soll ein geringerer Haftungsmaßstab gelten, da sie uneigennützig und in der Regel auch unprofessionell helfen wollen.
Anders ist es dagegen bei Personen, die berufsmäßig für die Hilfe bei Notfällen da sind. Diese sind entsprechend ausgebildet, sie sind versichert und sie gehen an die sie treffenden Herausforderungen mit viel größerer Sachkunde und Erfahrung heran. Daher sei es nicht angemessen, bedeutende Bereiche der staatlichen Daseinsvorsorge aus der Haftung für einfache Fahrlässigkeit auszunehmen und das Risiko insoweit auf den Bürger abzuwälzen. Auf Staatshaftungsansprüche ist § 680 BGB also nicht direkt oder analog anwendbar.
Damit haften also Polizei, Feuerwehr, staatlicher Rettungsdienst und ähnliche Einrichtungen auch für leichter Fahrlässigkeit.
Und wer muss jetzt zahlen? Die Haftung gegenüber dem Geschädigten trifft dabei aber natürlich nicht den im Einzelfall tätigen Beamten oder Angestellten, sondern ausschließlich den Staat selbst, also die dahinter stehende Körperschaft wie Bund, Land oder Kommune. In diesem Fall war die Stadt Baden-Baden Beklagter und ist damit auch Zahlungspflichtiger. Ein Rückgriff gegen den Feuerwehrbediensteten, der den Chemikalieneinsatz angeordnet hat, ist der Gemeinde nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich.